Mitten in der Adventszeit laufen in Zschorlau die Proben für das Passionsspiel zu Ostern. Einige Darsteller können deswegen auch nicht mehr zum Friseur.
Von Heike Mann, Freie Presse vom 11.12.2019
Zschorlau – Jesus nimmt das von Pontius Pilatus gesprochene Urteil scheinbar ohne Gefühlsregung an. Es bedeutet für ihn die Kreuzigung, wonach das Volk schreit. Martin Urban in dieser Rolle muss das an diesem Probenabend zweimal über sich ergehen lassen, und sicher noch weitere 20-mal bis zur Aufführung des Passionsspiels in Zschorlau zu Ostern nächsten Jahres. Fast schon sinnbildlich ist, dass der 31-Jährige mit Krücken auf der Bühne – zum jetzigen Zeitpunkt vor dem Altar der Zschorlauer Kirche – steht und nicht wankt.
Martin Urban hat sich beim Volleyballtraining verletzt. Dass er trotzdem zur Probe kommt, rettet die Szene, denn Lukas Schürer, der den Jesus in der Doppelbesetzung spielt, muss an diesem Abend arbeiten. Die Männer, die nach und nach die Kirche betreten, begrüßen sich herzlich mit einem Schulterklopfen. Auffällig ist, dass bei fast allen die Bärte mehr oder weniger üppig sprießen. Einige lassen auch das Haupthaar ungehindert wachsen. Das braucht es für die Aufführungen. Diakon Johannes Dehnel spricht zu Probenbeginn die Losung und bittet im Gebet um den Beistand Gottes für diese und alle weiteren Proben. Zurzeit dienen sie laut Dieter Schürer, der die Regie innehat, dazu, die Texte zu verfestigen. „Jeder muss für sich noch weiter daran arbeiten“, geht sein Appell an die Mitwirkenden. Denn im Januar sollen sie ohne die Texthefte auskommen. Dann wechseln die Proben an einen anderen Ort, ins CVJM-Haus nach Albernau. Dort können laut Schürer Szenen geprobt werden, die in dem beengten Altarraum der Kirche nicht möglich sind, wie die Geißelung und Kreuzigung Jesu. Wühlen einen Darsteller solche Szenen nicht auf? „Das ist eine Rolle, es nimmt mich nicht so emotional mit, wie man vielleicht meinen könnte“, sagt Martin Urban. Er spielt die Rolle des Jesus zum ersten Mal, gehört aber schon seit vielen Jahren zum Ensemble.
Bei der Verhandlung vor Pilatus sagt Jesus, er sei „geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit zeuge“. Vom Glauben zu zeugen, die christliche Botschaft zu verkünden, sei Anliegen des Passionsspielvereins und der Darsteller, sagt Johannes Dehnel, der auch für die Regie und zudem für die Requisiten zuständig ist. Er spielt den Raubmörder Barrabas, der von Pilatus freigesprochen wird, nachdem das Volk sich für ihn und gegen Jesus entschieden hat. Für das Zwiegespräch von Hohepriester Kaiphas und seinem Schwiegervater Hannas wünscht sich Dieter Schürer, dass die Darsteller „besser den Unterschied zwischen Nachdenken und Erkenntnis, die man dem anderen rüberbringt“, herausarbeiten. Das würde verhindern, dass die Szene nur im Blickkontakt zwischen beiden gespielt wird.
Das Passionsspiel wurde in Zschorlau erstmals zu Ostern 2000 aufgeführt. Dem folgte die Spielzeit 2001 und 2005, und seitdem alle fünf Jahre. Zu Ostern 2020 wird es wieder acht Aufführungen vom 10. bis zum 19. April geben. 180 Frauen, Männer und Kinder wirken mit. Zu 65 Prozent, so sagt Dieter Schürer, sind es „Wiederholungstäter“. Wer in der gleichen Rolle schon mehrfach spielte, beherrscht seinen Text fast auswendig. Viele Neue sind „im Volk“ dazu gekommen.
Der Kartenvorverkauf läuft seit Anfang September, Dieter Schürer versichert aber, dass es noch Tickets gibt. Kaufen kann man sie im Zschorlauer Pfarramt, Dienstag und Donnerstag, jeweils 16 bis 18 Uhr sowie über das Ticket-Portal Reservix.
Noch geht Jesus an Krücken
Mitten in der Adventszeit laufen in Zschorlau die Proben für das Passionsspiel zu Ostern. Einige Darsteller können deswegen auch nicht mehr zum Friseur.
Von Heike Mann, Freie Presse vom 11.12.2019
Zschorlau – Jesus nimmt das von Pontius Pilatus gesprochene Urteil scheinbar ohne Gefühlsregung an. Es bedeutet für ihn die Kreuzigung, wonach das Volk schreit. Martin Urban in dieser Rolle muss das an diesem Probenabend zweimal über sich ergehen lassen, und sicher noch weitere 20-mal bis zur Aufführung des Passionsspiels in Zschorlau zu Ostern nächsten Jahres. Fast schon sinnbildlich ist, dass der 31-Jährige mit Krücken auf der Bühne – zum jetzigen Zeitpunkt vor dem Altar der Zschorlauer Kirche – steht und nicht wankt.
Martin Urban hat sich beim Volleyballtraining verletzt. Dass er trotzdem zur Probe kommt, rettet die Szene, denn Lukas Schürer, der den Jesus in der Doppelbesetzung spielt, muss an diesem Abend arbeiten. Die Männer, die nach und nach die Kirche betreten, begrüßen sich herzlich mit einem Schulterklopfen. Auffällig ist, dass bei fast allen die Bärte mehr oder weniger üppig sprießen. Einige lassen auch das Haupthaar ungehindert wachsen. Das braucht es für die Aufführungen. Diakon Johannes Dehnel spricht zu Probenbeginn die Losung und bittet im Gebet um den Beistand Gottes für diese und alle weiteren Proben. Zurzeit dienen sie laut Dieter Schürer, der die Regie innehat, dazu, die Texte zu verfestigen. „Jeder muss für sich noch weiter daran arbeiten“, geht sein Appell an die Mitwirkenden. Denn im Januar sollen sie ohne die Texthefte auskommen. Dann wechseln die Proben an einen anderen Ort, ins CVJM-Haus nach Albernau. Dort können laut Schürer Szenen geprobt werden, die in dem beengten Altarraum der Kirche nicht möglich sind, wie die Geißelung und Kreuzigung Jesu. Wühlen einen Darsteller solche Szenen nicht auf? „Das ist eine Rolle, es nimmt mich nicht so emotional mit, wie man vielleicht meinen könnte“, sagt Martin Urban. Er spielt die Rolle des Jesus zum ersten Mal, gehört aber schon seit vielen Jahren zum Ensemble.
Bei der Verhandlung vor Pilatus sagt Jesus, er sei „geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit zeuge“. Vom Glauben zu zeugen, die christliche Botschaft zu verkünden, sei Anliegen des Passionsspielvereins und der Darsteller, sagt Johannes Dehnel, der auch für die Regie und zudem für die Requisiten zuständig ist. Er spielt den Raubmörder Barrabas, der von Pilatus freigesprochen wird, nachdem das Volk sich für ihn und gegen Jesus entschieden hat. Für das Zwiegespräch von Hohepriester Kaiphas und seinem Schwiegervater Hannas wünscht sich Dieter Schürer, dass die Darsteller „besser den Unterschied zwischen Nachdenken und Erkenntnis, die man dem anderen rüberbringt“, herausarbeiten. Das würde verhindern, dass die Szene nur im Blickkontakt zwischen beiden gespielt wird.
Das Passionsspiel wurde in Zschorlau erstmals zu Ostern 2000 aufgeführt. Dem folgte die Spielzeit 2001 und 2005, und seitdem alle fünf Jahre. Zu Ostern 2020 wird es wieder acht Aufführungen vom 10. bis zum 19. April geben. 180 Frauen, Männer und Kinder wirken mit. Zu 65 Prozent, so sagt Dieter Schürer, sind es „Wiederholungstäter“. Wer in der gleichen Rolle schon mehrfach spielte, beherrscht seinen Text fast auswendig. Viele Neue sind „im Volk“ dazu gekommen.
Der Kartenvorverkauf läuft seit Anfang September, Dieter Schürer versichert aber, dass es noch Tickets gibt. Kaufen kann man sie im Zschorlauer Pfarramt, Dienstag und Donnerstag, jeweils 16 bis 18 Uhr sowie über das Ticket-Portal Reservix.